Zum Jahr 2008 wurde auf Initiative des geschäftsführenden Vorstands der Gartenstadt Karlsruhe das „Prestigeprojet“ WTC (eigene Medienversorgung der Gartenstadt Karlsruhe – „Insellösung“) eingeführt. Dies gegen den vorherigen Widerstand einiger engagierter und informierter Mitgliedervertreter der Gartenstadt Karlsruhe eG sowie gegen den Widerstand diverser Mieter. Vorausgegangen war ein angeblicher Streit des Geschäftsführers mit dem bisherigen Versorger (Kabel BW), bei dem, nach den Angaben des Geschäftsführers, bei den „Verhandlungen“ keine Einigung erzielt werden konnte. Entsprechende Anfragen bei der Fa. Kabel BW hatten dann ergeben, dass es – nach Ansicht der Fa. Kabel BW – nie zu konkreten Verhandlungen zwischen der Fa. Kabel BW und der Gartenstadt Karlsruhe eG gekommen sei.
Der Vorstand der Gartenstadt Karlsruhe eG wurde bereits von Anfang an durch Mitgliedervertreter daraufhingewiesen, dass das System WTC schon zum Zeitpunkt der geplanten Einführung im Januar 2008 technisch veraltet sei und mit den Anbietern Kabel BW sowie der Telekom nicht mithalten könne. Die Gartenstadt Karlsruhe sei außerdem nicht in der Lage, bei der rasanten Entwicklung dieser Technologie Schritt zu halten. Wie denn auch? Die professionellen Anbieter investieren vielstellige Millionenbeträge in die Weiterentwicklung dieser Technik, da für diese Firmen das existenzielle Interesse im Vordergrund steht. Diese Firmen „leben“ quasie (nur) von der Leistungsfähigkeit dieser Systeme und müssen ständig massiv in die Technologie investieren, um dem Konkurrenzdruck standhalten zu können. Die Gartenstadt Karlsruhe hingegen ist eine Wohnbaugenossenschaft, die weder über das entsprechende Know How verfügt, noch über die nötigen Mittel, um hier ständig qualifiziert nach- bzw. aufzurüsten. Auch hat die Genossenschaft nicht die Möglichkeit, überregional tätig zu werden (Stichwort: Stabilität der TV-Versorgung = Redundanz – s.u.).
Das massive Interesse des Vorstandes an dieser Technik ist schon damals auf völliges Unverständnis gestoßen, da man sich mit Systemen dieser Art, die mit der Geschäftstätigkeit einer Wohnungsbaugenossenschaft absolut nichts zu tun haben, ohne Not einen „Klotz ans Bein hängt“. Genausogut könnte sich die Gartenstadt von der Strom- und Gasversorgung abklemmen und mit entsprechenden Kraftwerken den „autonomen Selbstversorger“ spielen. Wohin das führt, weiß man spätestens dann, wenn man z.B. die Blockheizkraftwerkstechnik betrachtet, bei der schon viele „Hobbybetreiber“ gescheitert sind. In anderen Bereichen war der Vorstand hingegen stets bemüht, „Balast abzuwerfen“ und originäre Aufgaben der Genossenschafts-Mitarbeiter auszulagern (z.B. Reparatur-/Beschwerdemanagement durch externes Callcenter usw.).
Viele Mieter mussten nun in den letzten Jahren feststellen, dass die Prognosen der Kritiker leider vollständig eingetroffen sind und es des Öfteren zu Ausfällen der Fernsehversorgung und zu Qualitätsmängeln bei der Übertragung gekommen ist. Die Ausfallproblematik liegt im wesentlichen an der sog. „Kopfstation“ die über keinerlei Redundanz verfügt. Diese Empfangsstation besteht aus einer einzigen Parabolantenne (SAT-Schüssel) , die für den Medienempfang der angeschlossenen Mietwohnungen sorgen soll. Je nach Schlechtwetterlage (z.B. Gewitter) bricht die Satellitenverbindung ab und die Medienversorgung ist zeitweise unterbrochen. Eine systembedingte „Archilesverse“ sozusagen. Dieses Problem gibt es bei der Fa. Kabel-BW sowie bei der Telekom in der Regel nicht, da diese Firmen über viele „Kopfstationen“ (verteilt über ganz Baden-Württemberg) verfügen, die wiederum über Erdleitungen vernetzt sind, so dass die jeweils örtliche Wetterlage beim Fernsehempfang keine wesentliche Rolle spielt.
Sobald man die Geschäftsleitung der Gartenstadt mit dieser Problematik konfrontiert, wird in der Regel auf einen (einzigen) Störfall des Kabelnetzes der Fa. Kabel-BW verwiesen, der sich im Januar 2013 ereignet hatte. Hierbei wurde bei Bauarbeiten am Durlacher Tor zur „Straßenbahn-Kombilösung“ ein Hauptversorgungskabel der Fa. Kabel-BW durch einen Bagger beschädigt. Ein „hinkender Vergleich“ und damit ein wohl eher hilfloser Versuch des Geschäftsführers, die Grundproblematik der WTC-Versorgung zu relativieren? Fakt ist, dass den professionellen Netzbetreibern eine Technik zur Verfügung steht, die nahezu störungsfrei funktioniert – im Gegensatz zum WTC-System.
Ein weiteres Problem ist das Leistungsangebot zum Thema Internet und Telefonie. Auch hier wurde damals in der Vertreterversammlung daraufhingewiesen, dass das System bereits bei der geplanten Einführung 2008 als „antiquiert“ gelte. Hierzu gibt es eine entsprechende Gegenüberstellung der Leistungsmerkmale zum damaligen Zeitpunkt, die man hier downloaden kann.
Der heutige Vergleich zeigt, dass das WTC-System nun technisch vollständig abgehängt wurde und damit in der Bedeutungslosigkeit moderner Medienversorgung „abgesoffen“ ist. Die derzeitig angebotene maximale WTC-Internet-Bandbreite in Karlsruhe liegt gerade mal bei 25 MBit (gegenüber 16 MBit bei der Einführung 2008). Kabel BW hingegen bietet aktuell eine Bandbreite von bis zu 200 MBit und auch die Telekom bietet eine Bandbreite von 100 MBit, was einem Geschwindigkeitsvorteil von Faktor 8 bzw. 4 gegenüber WTC (25 MBit) entspricht. Von der eingeschränkten Kanalanzahl im analogen sowie im digitalen TV-Bereich und dem nicht konkurrenzfähigen Telefonieangebot erst gar nicht zu reden. Die „Leistungsschere“ geht also unaufhaltsam auseinander.
Unabhängig von den technischen Unzulänglichkeiten gibt es auch erhebliche rechtliche Bedenken, die den Betrieb des WTC-Systemes grundsätzlich in Frage stellen (und schon immer in Frage gestellt haben). Gemäß Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes (EuGH) hat jeder EU-Bürger das Recht auf den freien Medienzugang seiner Wahl. Dieses Recht hat die Gartenstadt Karlsruhe eG erheblich eingeschränkt, indem der Netzzugang zur Fa. Kabel BW für die Mehrzahl der Gartenstadt-Mieter (ohne deren Zustimmung) einfach gekappt wurde bzw. ein gewünschter Medienzugang zur Fa. Kabel-BW meist be- bzw. verhindert wird. Es liegt demzufolge ein eklatanter Verstoß gegen die Medienfreiheit vor, der ggf. der endgültigen Klärung beim EuGH bedarf, sofern die Gartenstadt Karlsruhe eG den freien Medienzugang weiter behindern sollte bzw. den Boykott gegen die Medienfreiheit nicht aufgibt.
Darüber hinaus gibt es noch weitere Rechtsprobleme. Der Vorstand der Gartenstadt Karlsruhe kann z.B. darüber entscheiden, welche Fernsehkanäle in das Netz eingespeist werden. Es liegt also im Ermessen des Vorstandes (Vermieters), welche Programme der Mieter empfangen „darf“ und welche nicht. Ähnlich problematisch verhält es sich bei der Telefon- und Internetversorgung. Nachdem die Gartenstadt über eigene technische Einrichtungen verfügt, die den Datenverkehr zwischen den Wohnungen der Mieter und dem Netzknotenpunkt regeln, ist es technisch ohne weiteres möglich, den gesamten Datenverkehr nebst Telefonie zu kontrollieren bzw. zu protokollieren. Ob die Gartenstadt davon Gebrauch macht oder nicht, ist dabei völlig unerheblich. Die Möglichkeit des Zuganges zu den Daten dürfte datenschutzrechtlich hochproblematisch sein, da es einem Vermieter grundsätzlich nicht gestattet ist, in die Privatspähre der Mieter einzudringen.
Im Rahmen der Umstellung auf das gartenstadteigene WTC-System gab es mehrere Mieter, die sich der „Zwangsverkabelung“ durch die Gartenstadt Karlsruhe widersetzt hatten. Auch einige „zwangsumgerüstete“ Mieter waren nicht bereit, die erhöhte „Teilnahmegebühr“ in Höhe von EUR 4,50 (Kabel BW EUR 6,00 / Monat – WTC EUR 10,50 / Monat) zu bezahlen, so dass es beim Amtsgericht Karlsruhe zu entsprechenden Klageverfahren gekommen ist. Bei den meisten uns bekannten Verfahren kamen die Amtsrichter zum Schluss, dass die Mieter nicht verpflichtet sind, das gartenstadteigene System WTC an- bzw. abzunehmen. Nach unseren Informationen haben nur wenige Mieter den Rechtsstreit verloren.
Bei einem verlorenen Prozess des Mieters hatte die Amtsrichterin – entgegen der Ansicht ihrer involvierten Richterkollegen – sämtliche vorgebrachten Argumente des Mieters ignoriert und der Gartenstadt rechtswidrigen Beistand geleistet (Rechtsbeugung). Dieser Verfahrensgang ist z.B. prädesteniert zur Vorlage beim Europäischen Gerichtshof. Dabei kann man dann gleich 2 Fliegen mit einer Klappe erschlagen (Rechtsbeugung + Beschränkung der Medienfreiheit).
Zum Thema WTC werden wir in lockerer Folge einige Gerichtsurteile hier einstellen. Hierbei handelt es sich um unterschiedliche Voraussetzungen der jeweiligen Wohnsituation. Zum einen um Häuser, die bisher mit und ohne Kabel-BW durch die Gartenstadt versorgt waren, zum anderen um eine Mietwohnung, die bereits auf WTC umgestellt war und dann der Zugang zur Versorgung durch die Fa. Kabel BW wiederhergestellt werden musste. Dieser Fall ist übrigens auch ein Paradebeispiel dafür, wie der Geschäftsführer mit juristischen Niederlagen umgeht.
In Sachen WTC stellt sich die grundsätzliche Frage, wie es denn nun weitergehen soll. Nach damaligen Angaben des Vorstandes lagen die Gestehungskosten des gartenstadteigenen WTC-Systemes bei mehr als 1 Mio. Euro. Die Amortisation wurde hierbei auf 10 Jahre veranschlagt, sofern alle Mieter mitmachen. Nachdem sich jedoch einige Mieter durch Klageverfahren von WTC verabschieden konnten, dürfte diese Prognose wohl nicht mehr zutreffen? Außerdem waren bei der Kostenschätzung mögliche Nachrüstkosten wohl auch nicht berücksichtigt?
Für die Gartenstadt Karlsruhe eG besteht spätestens nach Ablauf von 10 Jahren (bis Ende 2017) die Möglichkeit, das „Drama“ zu beenden und den Weg zurück zu den professionellen Betreibern zu wählen. Die Alternative hierzu wäre, zur bereits verbrannten Erde (hier mindestens eine Million Euro zzgl. bisheriger Nachrüstung u. ggf. Betriebskosten), möglicherweise noch einige zusätzliche Milliönchen hinterherzuwerfen und die Genossenschaft weiter mit diesem Prestigeprojekt wirtschaftlich erheblich zu belasten. Ein rational denkender Kaufmann erkennt bei dieser Sachlage sofort, was zu tun ist – insbesondere unter dem Damoklesschwert der unkalkulierbaren rechtlichen Risiken, die noch in der Schublade „schlummern“. Warten wir also ab, wie sich der Vorstand entscheidet und vor allem, ob am Ende ausschließlich das Wohl der Genossenschaft sowie das Wohl der betroffenen Mieter im Vordergrund steht?
By the way:
Andere Wohnungsgesellschaften hatten sich erst gar nicht auf dieses kostenintensive Abenteuer eingelassen und beziehen weiterhin eine stabile und hochmoderne Medienversorgung – z.B. durch die Fa. Kabel BW. Dies zu vertretbaren Preisen deutlich unter 10 Euro pro Monat und Wohneinheit. Wer hätte das gedacht? Diese Tatsachen stehen im vollständigen Widerspruch zu den damaligen Prognosen des Geschäftsführers, der das WTC-Projekt mit horrend ansteigenden Kosten der Fa. Kabel BW von angeblich 10 -15 Euro / Monat u. Wohneinheit (Sammelvertrag) gerechtfertigt und dann entsprechend durchgesetzt hatte.
Geschäftsführer anderer Wohnbaugenossenschaften waren offensichtlich wesentlich erfolgreicher (zum Vorteil der dortigen Mieter) bei den Verhandlungen mit der Fa. Kabel BW unterwegs?
„WTC Medienversorgung bei der Gartenstadt Karlsruhe – ein totgeborenes Kind?“
Diese Fragestellung kann mit einem klaren JA beantwortet werden!
Auch das „Fass ohne Boden“ wäre eine durchaus passende Metapher.