Mit Urteil vom 13.07.2010 Az.: 8 C 103/10 wurde die Klage der Gartenstadt gegen einen Mieter durch das Amtsgericht Karlsruhe abgewiesen. Der Mieter ist stolzer Besitzer einer Parabolantenne (SAT-Schüssel), die er auf seiner Terasse aufgestellt hat. Daraufhin klagte die Gartenstadt auf Unterlassung sowie Entfernung der Parabolantenne. Der Vorstand wurde nun im Rahmen des Gerichtsverfahrens über die Grundrechte – in diesem Falle die Medienfreiheit des Mieters – kostenpflichtig aufgeklärt. Hier nun das lesenswerte Urteil der Karlsruher Amtsrichterin:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Streitwert: 600,00 EUR.
Urteil ohne Tatbestand gem. § 313 a ZPO
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, der Sache nach jedoch nicht begründet.
Auch soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 02.07.2010 den Rechtsstreit für erledigt erklärt hat – der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen – war die Klage abzuweisen, da die ursprüngliche Klage auf Entfernung der im Garten lose aufgestellten Parabolantenne nicht begründet war.
Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten aus keinem Rechtsgrund, insbesondere nicht aus § 541 BGB i.V.m. dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag ein Unterlassungsanspruch im ursprünglich geltend gemachten Umfang zu.
Ein Unterlassungsanspruch nach § 541 BGB besteht nämlich nur dann, wenn ein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache vorliegt. Vorliegend hat die Klägerin zwar das Aufstellen der
Parabolantenne im Garten des angemieteten Einfamilien-Reihenhauses auf dem Anwesen Rosenweg 65 in Karlsruhe nach Ziff. 7 Abs. 1 der in den Mietvertrag einbezogenen Allgemeinen Vertragsbestimmungen (As. 27) nicht genehmigt, so dass eine Vertragswidrigkeit an sich vorliegt. Der Beklagte kann der Klägerin aber im Wege der Dolo-AGIT-Einrede einen Anspruch auf Zustimmung zur Aufstellung der Parabolantenne entgegenhalten, so dass ein Unterlassungsanspruch zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht gegeben war.
Ein Vermieter muss nämlich die Entscheidung über die Zustimmung zur Aufstellung/Anbringung einer Parabolantenne aufgrund einer Interessenabwägung treffen und darf dabei die Zustimmung nur dann versagen, wenn er hierfür triftige, sachbezogene Gründe geltend machten kann. Bei der Interessenabwägung sind dabei zwei Grundrecht zu berücksichtigen, so kann sich der Miete einmal auf das Grundrecht der Informationsfreiheit berufen, nach dem er das Recht hat, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten. Dem Eigentumsgrundrecht des Vermieters aus Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz ist dabei andererseits ebenfalls Rechnung zutragen.
Vorliegend steht jedoch unstreitig entsprechend den Erörterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 22.06.2010 fest, dass die Eigentumsinteressen der Klägerin nicht beeinträchtigt sind. Im vorliegenden Fall ist eine Substanzverletzung der Mietsache durch das Aufstellen der Parabolantenne nicht eingetreten. Diese ist ausweislich der im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten und mit den Parteivertretern erörterten Lichtbilder lose auf der Terrasse aufgestellt, ohne dass sie mit dem Untergrund fest verbunden ist. Auch das in die Wohnung geleitete Kabel wird lose durch die Kellertür neben dem Schopf geführt. Des weiteren sind ausweislich der Lichtbilder (As. 75) keinerlei optische Beeinträchtigungen zu verzeichnen. Die Parabolantenne ist auf dem Terrassenbereich aufgestellt, vergleichbar wie der Beklagte als Mieter auch berechtigt ist, Liegestühle, Sonnenschirme oder ähnliche Gartenutensilien im Garten- und Terrassenbereich aufzustellen. Eine Beeinträchtigung des Eigentumsrechts des Vermieters ist nicht gegeben, so dass auch dahingestellt bleiben kann, ob der Beklagte sich auf ein Informationsinteresse schwedischer Sender betreffend berufen kann.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Ziff. 11,713 ZPO.
Streitwert: 600,00 EUR.
——————
Und wieder hat die Gartenstadt Karlsruhe eG einen unnötigen Prozess gegen einen Mieter verloren. Die Kosten hierfür trägt natürlich nicht der initiierende Vorstand, sondern die Gemeinschaft aller Gartenstädtler. Herzlichen Dank dafür an den Vorstand!
Die Folgen des Urteils sind natürlich nicht zu verachten. Kann sich doch künftig jeder Mieter auf dieses Urteil beziehen, falls er eine Parabolantenne auf seiner Terasse, im Garten usw. aufstellen möchte. Rückendeckung gibt es übrigens nicht nur durch das Amtsgericht Karlsruhe, sondern auch durch den Bundesgerichtshof, der im vergangenen Jahr ähnlich entschieden hat. Wenn man das BGH-Urteil (V ZR 10/09 vom 13.11.2009) genauer analysiert, kommt man zum Schluß, dass auch die Anbringung einer Satelliten-Anlage am Haus durchsetzbar ist.
stellt sich die frage, ob der vorstand von dieser rechtssprechung bereits im voraus hätte wissen müssen
-und dass mitglied und mieter ggfls. auch über die voraussetzungen f ü r ein aufstellen der parabolantenne beraten sollen- ?
wenn ja, ist es dann nicht veruntreuung trotzdem rechts- und folgekosten gegen die mitglieder zu verursachen?
bisher ging ich davon aus, daß das aufstellen bzw. anbringen einer parabolantenne außerhalb der wohnbaulichen substanz, also im gartengelände, bereits rechtlich unstrittig zu dulden sei.