Vertreterversammlung 2008 – Satzungsänderung

Sehr geehrte Mitglieder,

bei der diesjährigen Vertreterversammlung war einer der Punkte der Tagesordung die umfangreiche Änderung der Satzung der Gartenstadt Karlsruhe eG. Begründet wurde die Satzungsänderung mit geänderter Gesetzeslage, nach der die Satzung anzugleichen sei. Wie wir jedoch feststellen mussten, waren bei einigen Punkten der geplanten Satzungsänderung – eingebracht von Vorstand und Aufsichtsrat – eine Stärkung des Vorstandes und eine damit einhergehende Schwächung der Vertreterversammlung geplant.

Diese geplante Satzungsänderung führt teilweise zu erheblichen strukturellen Änderungen innerhalb der Genossenschaft, und zu einem weiteren Verfall der Genossenschaftstrukturen.

Den Entwurf zur Satzungsänderung können Sie hier downloaden.
Die „Änderungsvorschläge“ sind an der blauen Schrift erkennbar.

Anwesend bei der Vertreterversammlung war auch eine uns unbekannte Juristin des Genossenschaftsvernbandes, die den Vertretern als „juristische Beraterin“ des Vorstandes vorgestellt wurde. Diese Juristin leitete dann jedoch bei beiden Sitzungen den kompletten Tagesordnungspunkt „Satzungsänderung“. Einwendungen diverser Vertreter zu einigen Punkten der geplanten Satzungsänderung blieben jedoch oft unberücksichtigt, indem seitens der „Beraterin“ auf Gesetzestexte verwiesen wurde, die man zwingend in die neue Satzung einzutragen habe und auch inhaltlich nicht geändert werden dürfen. Entsprechende Gesetzesunterlagen wurden der Vertreterversammlung jedoch nicht vorgelegt.

Im Verlauf der Diskussion stellte sich für einige Vertreter die Frage, weshalb die Vertreterversammlung dann überhaupt zur Zustimmung einer Satzungsänderung gebeten wurde.

Die Beschlussfassung zur Satzungsänderung sollte ursprünglich im Termin der Vertreterversammlung am 18.06.2008 erfolgen. Durch den erheblichen Diskussionsbedarf wurde die Beschlussfassung dann vertragt auf den 08.07.2008.

Innerhalb beider Sitzungen wurden diverse Satzungspunkte explizit und teilweise heftig diskutiert und über diese Punkte jeweils separat abgestimmt.

Ein Punkt hierbei war z.B. die Erhöhung der Geschäfstanteile von EUR 260,00 auf EUR 300,00.

Nach Vorstandsangaben hätte man hierdurch eine Kapitalaufstockung von ca. 1,2 Mio. Euro erreicht. Begründet wurde die geplante Erhöhung mit einer „strategisch besseren Aufstellung“ der Gartenstadt für die „künftigen Aufgaben“. Seitens der juritsichen Beraterin des Genossenschaftsverbandes läge die Gartenstadt mit einer Eigenkapitalausstattung von 25% zwar nicht schlecht, es gäbe aber auch andere Genossenschaften mit einem Eigenkapital von z.B. 30%.

Die Folge einer Zustimmung zu dieser Erhöhung seitens der Vertreter wäre gewesen, dass jedes Mitglied jeden seiner Genossenschaftsanteile auf den erhöhten Betrag hätte auffüllen müssen.

Hierüber gab es kontroverse Diskussionen, u.a. auch darüber, dass es sich hierbei um eine „Zwangsserhöhung“ des Eigenkapitales gehandelt hätte. Dieser Antrag fand dann (in geheimer Abstimmung) keine 3/4-Mehrheit und wurde somit abgelehnt.

Des weiteren war geplant, dem Vorstand mehr Rechte bei der Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden einzuräumen.

Bisher war es so, dass zu jeder Veräußerung von Grundstücken und Gebäuden vor 1989 ein Beschluss der Vertreterversammlumg erforderlich ist. Das heißt, die Eigentümer (Mitglieder) entscheiden über das wesentliche Vermögen der Genossenschaft.

Der Entwurf zur Satzungsänderung sah nun vor, dass der Vorstand bei Grundstücken und Gebäuden mit „untergeordneter Bedeutung“ bzw. bei unbebauten Grundstücken oder Grundstücksteilen auch aus dem Bestand vor 1989 Veräußerung ohne Genehmigung der Mietgliederversammlung hätte vornehmen können – § 13 4.

Also eine weitere Übertragung von Vollmachten zu den Eigentumswerten der Genossenschaft. Wobei die Formulierung „untergeordnete Bedeutung“ in sich schon jede Menge Konfliktstoff enthält. Wer entscheidet über den Begriff „untergeordnete Bedeutung“.
Auch dieser Punkt zur Satzungsänderung fand keine 3/4-Mehrheit.

Hingegen bei dem Punkt der Vorstandsanzahl konnte Vorstand und Aufsiichtsrat „punkten“. Bisher war es so, dass die Gartenstadt eG mindestens 3 und maximal 5 Vorstände benötigte – § 19 1.

Die Mindestzahl sollte lt. Vorstand und Ausichtsrat von 3 auf 2 reduziert werden. Als Argument wurde seitens Vorstand und Aufsichtsrat (einschl. der juristischen Beraterin) die Handlungsfähigkeit der Genossenschaft in die Diskussion eingebracht, sofern z.B. ein Vorstand erkranken sollte. Dies spielt jedoch, wie sich eine Seite weiter herausstellte, keine Rolle, da dort die Handlungsfähigkeit genau beschrieben ist – § 19 6. Demnach ist die Genossenschaft handlungsfähig mit 2 Vorständen, auch dann, wenn es 3, 4 oder 5 Vorstände geben sollte. Wurde hier die Verterterversammlung getäuscht, um ein Abstimmungsergebnis in diesem Punkt für die Reduzierung der Vorstandszahl auf 2 zu erreichen?

Auch konnte man punkten bei der Entfernung von Mitgliedern, deren Aufenthalt über einen längeren Zeitraum nicht ausfindig gemacht werden kann. Bisher war es so, dass man ein Mitglied ausschliessen konnte, wenn er über einen Zeitraum von 3 Jahren nicht auffindbar war. Künftig wird dies nun bereits nach einem Jahr möglich sein. Das heißt; Die Einlage eines Mitgliedes kann bereits nach 1 Jahr unbekannter Abwesenheit von der Genossenschaft „vereinnahmt“ werden. § 10 d)

Des weiteren wurde seitens der Geschäftsleitung ein Punkt in die Satzungsänderung eingebracht, die dem Vorstandsvorsitzenden einen erheblichen „Machtzuwachs“ ermöglicht.

Und zwar die Berufung eines Prokuristen.

Mit dieser Option erhält der Vorstand nun die Möglichkeit, Geschäfte zusammen mit einem Prokuristen zu tätigen. Bisher waren diese Geschäfte nur mit der Unterschrift von mindestens 2 Vorständen realisierbar. Ab sofort kann also der Vorstand mit einem Prokuriusten sämtliche Geschäfte erledigen – § 19 7.

Des weiteren gibt es bei der geplanten Satzungsänderung diverse Neuerungen, durch die juristische Personen (Firmen) in der Lage sind, sämtliche Organe der Genossenschaft zu besetzen.§ 19 1., § 20 1., § 26 2.,

Jede Firma kann Mitgliedsanteile der Genossenschaft erwerben, Mitgliedervertreter in die Mitgliederversammlung entsenden (sofern gewählt) und Mitglied des Aufsichtsrates oder Vorstand werden.

Also in der Regel wohnlich nicht versorgte Mitglieder (bzw. deren Bevollmächtigte), die keinerlei Mieterinteressen haben, können künftig sämtliche Ämter der Genossenschaft besetzen und die Genossenschaft zu deren Interessen verwenden.

Am Ende der Diskussionen sollte über die Satzung als Gesamtheit abgestimmt werden.

Hierzu stellte ich einen Antrag auf geheime Wahl gemäß Satzung § 28 2. in dem es heißt:

…..Auf Antrag ist geheim durch Stimmzettel abzustimmen oder zu wählen

Eine klare Formulierung könnte man meinen. Wenn ein Vertreter (Vorstand, Aufsichtsrat) einen Antrag stellt, dann ist geheim abzustimmen.

Der Versammlungsleiter sah dies jedoch anders und ließ über den Antrag zur geheimen Wahl abstimmen und vertrat die Meinung, dass einem solchen Antrag eine Mehrheit zuzustimmen habe. Die gleiche Meinung vertrat er übrigens bei der 1. Sitzung, als Herr Schenkel den Antrag zur geheimen Wahl bezüglich Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gestellt hatte. Auch dort wurde die ungeliebte geheime Abstimmung durch den Versammlungsleiter ausgehebelt, indem die Vertreter über diesen Antrag abstimmen sollten. Nachdem es hierzu keine Mehrheit gab, musste offen abgestimmt werden.

Durch rechtswidrige Anwendung der Satzung ist sowohl die Abstimmung über die Entlastung des Vorstandes sowie des Aufsichtsrate ungültig.

Ebenso die Abstimmung über die Satzungsänderung.

Denn

Sollte nur ein Vertreter bei einer zwangsweisen offenen Abstimmung nicht seinem Gewissen folgen können, sondern aufgrund irgendwelcher Rücksichtnahmen bei der offenen Abstimmung gezwungen ist, eine andere Entscheidung zu treffen, dann ist das Abstimmungsergebnis bereits verfälscht.

Hierzu vielleicht noch ein kurzes Beispiel:

Wenn z.B. der Familienangehörige eines Vertreters bei der Gartenstadt beschäftigt sein sollte, wird die Abstimmung zur Entlastung des Vorstandes möglicherweise beeinflusst, wenn dieser Vertreter nicht in geheimer Abstimmung seinem Gewissen folgen kann, sondern durch die offene Abstimmung in eine Zwangslage gerät. Demzufolge darf keine Mehrheit über das Gewissen eines Einzelnen entscheiden.

Nachdem meinem Antrag zur geheimen Abstimmung zur Beschlussfassung der Satzungsänderung nicht entsprochen wurde, habe ich die Gartensadt Karlsruhe eG unter Fristsetzung aufgefordert, den Beschluss zur Satzungsänderung zu annulieren.

Beschwerde zur Beschlussfassung zum Download>>>>>

Mitgeteilt von Peter Hochmuth

Nachtrag:

Hier das Antwortschreiben der Gartenstadt Karlsruhe eG vom 17.07.2008 zum Download>>>>>

Die Gartenstadt Karlsruhe eG ist demnach nicht bereit, den Beschluss zur Satzungsänderung, der unter satzungswidrigen Voraussetzungen zustande gekommen ist, aussergerichtlich zu annulieren. Es erfolgt der Verweis auf den Klageweg. Der „kleine Dienstweg“ scheint bei der Geschäftsleitung nicht gewünscht.

Daraufhin wurde ein weiteres Schreiben verfasst>>>>>

Die Hoffnung stirbt bekanntlich immer zuletzt!

Dieser Beitrag wurde unter Satzung, Vertreterversammlung abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert